Stahls Winterprinz und Roter Herbstkalvill –

die Rettung der Baruther Streuobstwiesen

Gemeinschaftsgärten im Baruther Haagland. ©I-KU 2021

Streuobstwiesen waren über viele Jahrhunderte hinweg ein Teil der gewachsenen Kulturlandschaft. In ländlichen Gemeinden prägten locker gepflanzte Obstwiesen das Erscheinungsbild. Diese traditionelle Art des Obstbaus auf weitläufigen Wiesenlandschaften hatte eine wichtige soziale und ökologische Bedeutung.

Durch die industrialisierte Landwirtschaft und die Entstehung globaler Märkte und Lieferketten gerieten die Traditionen lokaler Bewirtschaftung in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend in Vergessenheit. Statt der umweltverträglichen Streuobstwiesen setzten sich Obstplantagen immer mehr durch. Diese Entwicklung ging auf Kosten der Artenvielfalt. Wohlschmeckende, jedoch schlecht lagerfähige oder anfällige Obstsorten kamen gegen „Golden Delicious“ oder „Pink Lady“ nicht mehr an. Heute befinden sich 80 % der Streuobst-Flächen in Deutschland in einem mangelhaften Pflegezustand.

Zurück in die Zukunft

Gemeinsam mit der Stadt Baruth/Mark hat sich das I-KU die Rettung der Baruther Streuobstwiesen auf die Fahnen geschrieben. Unter dem Motto lebens.mittel sollen die lokalen Streuobstwiesen rekultiviert und wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.

lebens.mittel fügt sich nahtlos in die Pläne zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklungsziele, die sich die Stadt Baruth/Mark als Global Nachhaltige Kommune seit 2019 gesetzt hat. Die Baruther Streuobstwiesen sind dabei Schauplatz und Lernort gleichermaßen. Mit unterschiedlichen Formaten und Kooperationspartnern werden partizipative Prozesse gestaltet, in denen Ernährung, Kultur und Ökologie in ihren Wechselwirkungen betrachtet und erlebt werden.

Bei den Pflegemaßnahmen kooperiert das I-KU mit „Äpfel & Konsorten“ einem Verein, der sich die „Rettung der Streuobstwiesen Brandenburgs“ auf die Fahnen geschrieben hat  und mit diesem Motto bei uns ins Schwarze trifft.

Den Anfang macht die größte Wiese im Baruther Haagland mit rund 180 Obstbäumen. Am Rande des alten Stadtkerns, unmittelbar hinter der Kirche gelegen, erstreckt sie sich über eine Fläche von ca. 1,5 ha. . Mit ihrer Größe und der Mischung von alten Bäumen sowie Jungpflanzen bietet sich das Haagland als ideales Pilotprojekt an.

Kopf und Hand

In den vergangenen Monaten haben wir damit begonnen, Freiwilligendienste für Pflanz-, Pflege- und Ernteeinsätze aufzubauen. Für ehrenamtlich Engagierte werden Schulungen zur Pflege des Obstbestands und zum Baumschnitt angeboten. Außerdem arbeiten wir derzeit an einem Patenschaftsmodell für die Obstbäume im Baruther Haagland.

Abgesehen von den Obstbäumen gilt unser Interesse auch den Vögeln, Insekten und anderen Kleinlebewesen. Mit bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten gehören Streuobstwiesen zu den artenreichsten Landschaften Mitteleuropas. Um diese Vielfalt wiederzubeleben, bauen wir gemeinsam mit der Freien Oberschule in Baruth Nistkästen und Insektenhotels; wir bilden Schüler zu „Streuobstbotschaftern“ aus und organisieren Spaziergänge mit dem Baruther Familienzentrum.

Bei alldem ist uns wichtig, Kopf- und Handarbeit zu verbinden. Ohne Denken ist die Hand nur halb so gut und ohne Handarbeit bleiben alle guten Ideen nicht mehr als schnöde Theorie.

Obst, Saft, Schnaps und Schafe

 Wenn alles gut läuft, die Pflegemaßnahmen greifen und die Bäume ebenso gut gedeihen wie das bürgerschaftliche Engagement, dann werden die Aktivitäten nach und nach auf die anderen Streuobstwiesen Baruths ausgeweitet. Perspektivisch ist angedacht, Schafe als „natürliche Rasenmäher“ auf den Wiesen weiden zu lassen und das Obst regional zu vermarkten, Saft zu produzieren und, wer weiß, vielleicht sogar irgendwann grandiose Obstbrände aus den alten Apfel- und Birnensorten zu produzieren. Aber das ist eine andere Geschichte.